Bulls Bay

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Michael Althoff

Autor: Der Mann hinter dem Bericht

exklusives Golferlebnis mit Rundumblick vom Clubhaus

Strantz‘ letztes Design war zugleich sein einziges für einen Privatclub. Das dürften viele Golfer bedauern, denn der mit viel Erdhub gestaltete Platz nahe Charleston, South Carolina, ist ein Highlight. Die Anlage zieht sich rund um das auf einem Hügel gelegene, von 14 Spielbahnen aus einsehbare Clubhaus. Im Design wirkt es wie eine Mischung aus Tobacco Road und Tot Hill Farms, eine Runde hier ist ein Golf-Leckerbissen. Dazu trägt auch bei, dass der Platz an einigen Bahnen an das Marshland der Bulls Bay heranragt und dies samt Palmen ebenso grandios in das Design integriert wurde. Die Eigentümerfamilie und das Management halten Strantz‘ Erbe in Ehren und stehen bis heute in engem Kontakt zur Strantz-Familie. Der Platz ist ein Par 72 und bietet fünf Teeboxen, die mit Farm- und Westernbegriffen verbunden sind: Maverick, Skull, Club, Bull, Bay. Bis vor wenigen Jahren war Bulle Titleist eine zusätzliche Attraktion des Clubs, Sieger großer Turniere wie der Clubmeisterschaften durften auf ihm einen Ritt erleben. Ende 2024 befand sich ein Jungbulle in Ausbildung und soll diese Aufgabe künftig wieder übernehmen. Die Gesamtlänge beträgt, je nach Teebox, zwischen 5.326 und 7.246 Yards. Damit ist die Anlage eine der längsten Strantz-Anlagen überhaupt. Aus der Luft erhält man einen wunderbaren Eindruck von der Weitläufigkeit und Variabilität dieser Anlage:

Direkt vor dem Clubhaus (vom Clubhaus aus gesehen links) wartet Bahn 1, ein bis zu 467 Yards langes Par 4. Bevor man sich auf die Runde begibt, sollte man sich jedoch die mit der Designphilosophie von Mike Strantz verbundenen Herausforderung im Klaren sein. Der Club beschreibt dies auf seiner Website wie folgt: „„Par“ ist zwar eine notwendige Richtlinie, kann aber in Bulls Bay eher als Vorschlag denn als Vorgabe verstanden werden. Unter bestimmten Bedingungen kann ein Par 5 mit einem Drive und einem mittleren oder sogar kurzen Eisen gespielt werden, während ein mittellanges Par 4 zwei kräftige Schläge erfordern kann. Eine Änderung der Windrichtung und -stärke kann dieselben beiden Löcher in einen definitiven ‚Dreischläger‘ und einen Drive-and-a-Pitch verwandeln. Bunker, die bei Rückenwind anspielbar sind, können bei Gegenwind unerreichbar werden. Dies gilt zwar in gewissem Maße für jeden Golfplatz, ist aber in Bulls Bay eher die Regel als die Ausnahme. Nur einmal – an den Löchern 4 und 5 – haben zwei aufeinanderfolgende Löcher die gleiche Ausrichtung auf dem Kompass. Im Vergleich dazu gibt es selbst auf dem Golfplatz Shinnecock Hills, für viele Experten das beste Beispiel für die Links-Architektur in Amerika, zweimal zwei aufeinanderfolgende Löcher, die in dieselbe Richtung gespielt werden.“ Das Fairway dieses Doglegs rechts liegt rund 50 Yards unterhalb des hinteren Abschlags, bis dahin gilt es einige Bunker und Roughbereiche zu überwinden. Man sollte sich links halten und so den Fairwaybunker rechts aus dem Spiel nehmen. Dann folgt bereits die schwerste Bahn der Runde, ein bis zu 601 Yards langes Par 5, das die Form eines Us hat. Vom Tee geht es über die Waste Area hinweg Richtung Bahnmitte. Den zweiten Schlag sollte man eher nach rechts spielen, um so einen besseren Winkel zum Grün nutzen zu können. Das Grün wird rechts durch gleich mehrere Bunker verteidigt und hängt nach links Richtung Wasser. Bahn 3 ist das erste Par 3 – und besitzt zwei Grüns, die wechselweise ins Spiel kommen. Somit variiert auch die maximale Gesamtlänge der Bahn zwischen 190 (linkes Grün) und 165 (rechts Grün) Yards. Steckt die Fahne links, muss man über eine Mischung aus Waste Area und Wasser spielen, rechts geht es gerade über Land zur Fahne. Nun grenzt das Gelände an die Bulls Bay an, was vor allem morgens bei Sonnenaufgang ein herrliches Farbenspiel verspricht. Das bis zu 540 Yards lange Par 5 erfordert daher einen Schlag über Marshland und Waste Area auf das sehr breite Fairway. Longhitter können über die Waste Area hinweg links der gut sichtbaren Virginia-Eiche anhalten. Beim Lay-up lauern links nochmals Bunker, auch das Grün wird vorne durch eine Waste Area begrenzt. Weiter geht es mit einem bis zu 403 Yards langen Par 4. Ein kleines Holzsteg führt zu den hinteren Teeboxen in der Bulls Bay. Das Dogleg rechts erfordert dann einen möglichst geraden Teeshot in Richtung Bahnmitte. Das Grün wird beiderseits durch hohe Bäume vorne flankiert, gerät der Ball zu weit nach links, droht gar Wasser in Form eines kleinen Teichs. Bahn 6 bringt das dritte Par 5 mit bis zu 608 Yards – die Front Nine sind als Par 37 ausgelegt. Die längste Bahn der gesamten Runde beginnt mit einem Abschlag über ein Feuchtgebiet, man sollte sich rechts halten und so den Mix aus Wasser und Waste Area links meiden. Dann dreht die Bahn nach links, man sollte – trotz Wasser – den zweiten Schlag eher auf die linke Seite spielen, so hat man den besseren Winkel zum Grün. Dieses liegt, nochmals nach rechts versetzt, erhöht und durch eine mächtige Waste Area vorne und links des Grüns beschützt. Das zweite Par 3 spielt sich maximal 178 Yards, den Großteil davon allerdings über Wasser! Das nierenförmige Grün grenzt bis auf die rechte Seite an Wasser, Eisenbahnschwellen grenzen Fairway und Wasser voneinander ab. Besonders knifflig spielt sich diese Bahn, wenn die Fahne hinten gesteckt ist, dann muss der Teeshot passen, um das Par zu spielen. Mit einem weiteren Dogleg rechts, einem Par 4 mit maximal 395 Yards Länge, geht es langsam wieder Richtung Clubhaus. Den Teeshot sollte man möglichst nahe an die gut sichtbare Waste Area rechts heranspielen, das verkürzt den Weg ins Grün. Beim Schlag zur Fahne sollte man nicht nur die Bunkerlandschaft vor und neben dem Grün beachten, sondern auch den hohen, ausgedörrten Baum rechts, der gerne den direkten Weg zur Fahne versperrt. Mit der letzten Bahn der Front Nine, einem bis zu 366 Yards kurzen Par 4, geht es zurück zum Clubhaus. Vom Tee windet sich das Fairway zunächst leicht nach rechts, daher sollte man hier auch seinen Abschlag hinspielen. Im zweiten Abschnitt dreht die Bahn wieder nach links, nun geht es auch deutlich bergauf in Richtung der quer liegenden, wie eine Welle in den Hügel eingebetteten Grüns. Wer mag, kann sich nun im Clubhaus stärken, bevor es auf die andere Seite des Clubhauses auf die Back Nine geht.

Los geht es direkt mit der längsten Bahn der gesamten Anlage. Das bis zu 613 Yards lange Par 5 spielt sich aufgrund der erhöhten Abschläge zwar etwas kürzer, ist aber dennoch sehr anspruchsvoll. Vom Tee hält man sich am besten links der gut sichtbaren Bunkerlandschaft rechts – und sollte den Längengewinn aufgrund des Bergab-Schlags nicht unterschätzen. Dann dreht die Bahn nach rechts. Nun ist der Weg Richtung Fahne frei, erst neben dem Grün tauchen wieder Bunker auf. Das leicht erhöhte Grün ist wie eine Welle gestaltet, zudem hängt es leicht nach vorne. Neben dem 10. Grün liegt der 11. Abschlag, ein bis zu 435 Yards langes Par 4. Nun beginnen die Wasserspiele, denn auf den folgenden Bahnen ist Wasser ein dominierendes Designelement. Das 90-Grad-Dogleg erfordert für Longhitter den Weg über das Wasser. Wer geradeaus spielt, legt oft nochmals vor, bevor der Ball auf das 65 Yards (!) tiefe Grün gespielt wird. Erst aus der Nähe erkennt man, dass quasi ein kleiner Bergrücken das mächtige Grün nochmals teilt – dennoch: hier ist es wichtig, die tagesaktuelle Fahnenposition anzuspielen, beim guten alten „Mitte Grün“ kann das Putten sehr anstrengend werden. Bahn 12 ist ein Par 3 mit maximal 170 Yards Länge, die es jedoch in sich haben. Diese Bahn ist ein typisches Mike Strantz Par 3: anspruchsvoll, aber wunderschön anzusehen. Das zwei Ebenen umfassende Grün wird gleich doppelt eingerahmt: zunächst von einer Waste Area, dann von Wasser. Daher muss der Teeshot auch über Wasser gespielt werden – vor allem bei Wind ein spannendes Unterfangen. Zudem ist das Grün quer zur Spielrichtung angelegt, bietet somit viele Fahnenoptionen, aber wenig Tiefe zum Landen. Auch an der folgenden Bahn, einem bis zu 602 Yards langen Par 5 als Doppel-Dogleg, kommt das Wasser von Bahn 12 nochmals von den hinteren Teeboxen ins Spiel und muss Richtung Fairway überspielt werden. Dann bleibt das Wasser als kleiner Bachlauf rechts erhalten, so dass man den Lay-up eher links anhalten sollte. Kurz vor dem Grün quert das Wasser nach links und trennt so Fairway und Grün, weshalb ein hoher Schlag zum welligen Grün erforderlich ist. Bahn 14 bringt ein weiteres Par 3 – vielleicht die optisch schönste Bahn der gesamten Runde. Über maximal 191 Yards  geht es leicht bergauf Richtung Clubhaus, die hinteren Abschläge werden rechts von Wasser begrenzt und drei Bunker queren das Fairway auf dem Weg zur Fahne. Gerät der Schlag zu lang, sorgt das Gelände oft dafür, dass der Ball dennoch Richtung Fahne zurückrollt – eine wunderbare Golfbahn! Dann folgt ein maximal 438 Yards langes Par 4. Von einem der höchsten Punkte der gesamten Anlage geht es deutlich bergab, man sollte sich schlicht links der beiden gut sichtbaren Bäume auf der rechten Seite halten. Diese bilden auch den Eingang zum Grünbereich, der sich nach rechts hinten zieht. Je nach Balllage können die hohen Solitärbäume nun zur Herausforderung werden, da sie den direkten Weg zur Fahne versperren. Erneut durchzieht ein kleiner Rücken das Grün in der Mitte und teilt es in zwei Hälften. Man sollte übrigens nicht zu weit nach rechts zielen, denn dort lauert Wasser. Auch Bahn 16 spielt sich maximal 438 Yards, doch nun muss das Wasser direkt vom Tee mit dem Abschlag überspielt werden. Das Wasser zieht sich bis fast vors Grün, zudem dreht die Bahn in der zweiten Hälfte nach rechts. Wer die Fahne über die linke Seite anspielt, sollte den mächtigen, mit Gras durchzogenen Bunker links beachten. Das letzte Par 3 misst maximal 157 Yards. Das schräg verlaufende Grün wird vorne und hinten durch mächtige Bunkerlandschaften und Waste Areas eingerahmt, ansonsten liegt die Hauptherausforderung darin, in der großen Weite vom Tee die richtige Fahne zu identifizieren und anzuspielen. Zum Abschluß steht nochmals ein mächtiges Par 4, Dogleg links, mit bis zu 454 Yards an. Vom Tee beginnt man am besten rechts und nimmt so die große Waste Area in gerader Linie aus dem Spiel. Dann dreht die Bahn nach links, man benötigt noch einen mächtigen Schlag zur Fahne, da das Gelände Richtung Grün deutlich ansteigt. Biegt der Ball nach links ab, lauert erneut der Sand, rings um die Spielbahn sorgt dichtes Rough dafür, dass verzogene Bälle gerne auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Eine ebenso schöne wie schwierige Schlussbahn!

Bulls Bay ist ein absolutes Design-Meisterwerk von Mike Strantz. Die Topographie unterscheidet sich deutlich von anderen Plätzen South Carolinas: hier ist es nicht flach, sondern man eher das Gefühl, in den Bergen North Carolinas unterwegs zu sein. Das Ergebnis dieser enormen Landbewegungen ist ein Golfplatz, der Spieler aller Spielstärken stets vor neue Herausforderungen stellt, aber eben auch Spaß macht, weil man mit Design und – je nach Wetter – auch den Elementen spielen kann.