Autor: Der Mann hinter dem Bericht
Schon bei der Zufahrt erkennt man: hier handelt es sich um einen traditionellen britischen Club. Fast schon ehrfürchtig betritt man das Clubhaus, der Proshop und der Caddiemaster befinden sich in einem Nebengebäude. Gleich beim Betreten wird man sehr freundlich vom Steward des Clubhauses begrüßt, der einen kurz mit den Regeln für das Clubhaus vertraut macht (keine Golfschuhe im Clubhaus, ab mittags Sakko und Krawatte). Und das Innere des Clubhauses entspricht so ziemlich genau den Vorstellungen, die man sich als Kontinentalgolfer von einem britischen Clubhaus ausmalt. Viel Holz, alles sehr gediegen – und zur großen Überraschung auch sehr offene und freundliche Mitglieder, die einem sofort erklären, wo man den kostenlosen (!) Frühstückskaffee findet.
Für Royal St. George’s gilt ein Maximalhandicap von 19 – und schon die ersten Bahnen zeigen, dass dieser Linkscourse nochmals einige zusätzliche Herausforderungen bietet. Die Ursprünge des Platzes gehen bis ins Jahr 1887 zurück, kein deutscher Platz bietet eine so lange Historie. Die Eröffnungsbahn, ein langes Par 4, spielt sich vergleichsweise einfach, solange man keinen Gegenwind hat. Beim Approach sollte man nicht zu kurz bleiben, sonst lauert einer der drei Grünbunker auf den Ball. Auch die zweite Bahn ist recht lang, aber moderat zu spielen – sofern man vom Tee seinen Ball nicht in einen der beiden Fairwaybunker links schickt. Schwieriger wird es auf dem ersten Par 3 an der nächsten Bahn, dass seit den Open 2011 immerhin 239 Yards lang ist und zudem links und rechts von Büschen gesäumt wird. Es ist übrigens das einzige Par 3 auf einem der aktuell gespielten Open-Plätze, das keinen Bunker aufweist. Bahn 4 ist ein Dogleg links, auch das Fairway hängt zu dieser Seite. Vom Tee aus kann man das Grün kaum einsehen. Zudem ist die Bahn als Par 4 sagenhafte 496 Yards lang und das Grün ist leicht erhöht. Wer hier mit Par vom Grün geht, wird mehr als zufrieden sein. An Bahn 5 spielt man von einem erhöhten Abschlag in Richtung Meer. Das leichte Dogleg links ist ein Par 4, mit dem Teeshot sollte man jedoch etwas rechts bleiben, um keinen der insgesamt 5 Fairwaybunker zu erwischen. An Bahn 6 zeigt der Platz, dass er auch Par 3-Bahnen mit Bunker hat, immerhin 4 Bunker verteidigen das Grün ringsherum. Royal St. George’s hat insgesamt nur zwei Par 5-Bahnen, die erste wartet an der 7 auf die Golfer – und ist mit bis zu 573 Yards je nach Windverhältnissen ein echter Test. Die 8 stellt traditionell das schwerste Loch einer Open Championship dar. Das liegt weniger an der Länge von bis zu 457 Yards, sondern zum einen an den beiden Topfbunkern, die rechts des Fairways warten, und dem langgezogenen und extrem schnellen Grün. Den Abschluss der ersten 9 Bahnen bildet ein schönes Par 4, das ein präzises Anspiel des Grüns erfordert.
Die zweiten neun Bahnen beginnen mit einem für diesen Platz schon eher kurzen (412 Yards) und zudem recht gerade. Dafür hängt das Fairway nach rechts und das erhöhte Grün will präzise angespielt werden, vor allem sollte man vermeiden, dass der Ball am hinteren Grünende hinunter rollt. Die 11 ist ein sehr langes Par 3 (242 Yards), dessen Grün zudem von 5 Grünbunker stark verteidigt wird. An der 12 wartet das kürzeste Par 4 (379 Yards), jedoch hängt das Fairway zu beiden Seiten und es gilt, bis zum Grün insgesamt 8 Bunker zu vermeiden. Wer jetzt glaubt, es würde vielleicht einfacher, kann im Birdiebook des Clubs eine Prise echten britischen Humors finden: als ob die ersten 12 Bahnen nicht schon so ziemlich alles abgerufen haben, was man als Golfer können sollte (oder man merkt eben, dass man es nicht kann…), heißt es doch tatsächlich in der Beschreibung zu Bahn 13: „The finishing holes at Sandwich are some of the hardest anywhere, and they begin with this long Par 4“. Also, nochmal die ganze Kondition und Konzentration zusammennehmen und weiter geht’s. Der Teeshot ist noch vergleichsweise einfach, solange man keinen der 4 Potbunker links und rechts der Drivelandezone erwischt. Komplexer ist der zweite Schlag, denn links des Fairways vor dem Grün warten drei markante Bunker, auch das Grün wird zu beiden Seiten durch Bunker verteidigt. Ball rollen lassen ist hier ausnahmsweise nicht unbedingt die beste Strategie…. Bahn 14 bietet dann das zweite Par 5, und auch hier ist nicht zu leugnen: es geht immer noch schwieriger. Die Länge ist mit 545 Yards nicht die Herausforderung, aber das gesamte Fairway ist stark onduliert. Zudem wartet ein das Fairway querender Bach auf manche Bälle (Ballangeln sind links von der Brücke verfügbar) – und über die gesamte rechte Seite zieht sich eine Ausgrenze. Wer sich für eine 3-Schläge-Strategie entscheidet, macht oft ungewollt Bekanntschaft mit einem der drei Fairwaybunker hinter dem Bach. Bahn 15 ist das längste Par 4 des Platzes mit bis zu 493 Yards. Hier sollte man möglichst keinen Gegenwind haben! Zusätzlich lauern 5 Fairwaybunker auch auf besonders gelungene Drives, das Grün wird durch 3 quer über die Spielbahn laufende Bunker bestens geschützt. Da spielt sich die 16, ein eher kurzes Par 3 mit 161 Yards, fast schon entspannt – wären da nicht die sage und schreibe sieben Grünbunker, die perfekt platziert sind. Hier verspielte einst Thomas Björn mit 3 Schlägen aus dem Bunker in 2003 seinen fast schon sicher geglaubten Open-Sieg. Andererseits gelang Tony Jacklin an dieser Bahn im Rahmen der Dunlop Masters 1967 das erste Hole-in-One, das von Fernsehkameras übertragen wurde. Bahn 17, ein Par 4, unterstreicht nochmals, dass die Schwierigkeit der Schlussbahnen nicht zuletzt von den stark ondulierten Fairways hervorgerufen wird. Kaum einmal steht man gerade zum Ball, eher unter oder über dem Ball. Zum Abschluss dieser wunderschönen Runde geht es dann zum erhöhten Abschlag der 18. Links sieht man bereits das Clubhaus und es gilt, mit dem Teeshot nicht zu weit links anzuhalten, sonst lauern Bunker. Der Weg zum Grün wird durch zwei große Fairwaybunker geschützt – gelingt der Teeshot nicht wie gewohnt, kommen sie oft beim zweiten Schlag ins Spiel. Das Grün ist dafür sehr fair, zwei Bunker links und rechts gilt es zu vermeiden und dann den finalen Putt zu lochen. Der Platz zeigte sich während der Runde in hervorragendem Zustand – und auch die Sportsbar, in die man nach der Runde auch ohne Sakko und Krawatte gehen kann, bietet leckere Snacks und Getränke.