Autor: Der Mann hinter dem Bericht
Das Médoc ist eine dreiecksförmige Halbinsel im Département Gironde im Südwesten Frankreichs, die zwischen der Atlantikküste (Côte d’Argent) an der Biscaya, dem Mündungsarm Gironde und dem Meeresbecken von Arcachon liegt. Eckpunkte sind die Stadt Bordeaux im Südosten, Lège-Cap-Ferret am Becken von Arcachon im Süden, und im Norden die Landspitze Pointe de Grave bei Le Verdon. Die Region umfasst viele berühmte Weingüter, nicht zuletzt der Name Rothschild ist eng mit dem Medoc verbunden. Auf eine Tour kann man daher gefühlt alle paar Hundert Meter ein Weingut finden, die meisten bieten (oft nur nach vorheriger Terminvereinbarung, gerade in der Nebensaison) auch Führungen und Verkostungen an.
Wir haben uns zwei eher kleine und in Familienbesitz befindliche Weingüter angesehen, die uns ausgezeichnet gefallen haben.
Chateau Fonréaud
Fonréaud, früher „Font-réaux“, bedeutet „Königlicher Brunnen“. Die heutigen Keller wurden im siebzehnten Jahrhundert erbaut und im Laufe der Zeit renoviert. Das Schloss ersetzte das ursprüngliche Bauernhaus, als Henri Le Blanc de Mauvezin, der damalige Besitzer, im Jahr 1850 den Neubau beschloss. Lange Zeit bleibt das Château unvollendet. Im Jahr 1962 kehrte Léo Chanfreau, Winzer in Algerien, mit seiner Familie in das französische Mutterland zurück. Er besuchte viele Weingüter und verliebte sich in Fonréaud. Alles muss neu aufgebaut werden: der Weinberg hatte nur 17 Hektar in schlechtem Zustand. Léo nimmt diese neue Herausforderung mit Begeisterung an. Er pflanzt den Weinberg neu an, baut die Betonbottiche, die wir zum Teil noch heute nutzen. Er führt umfangreiche Arbeiten im Schloss durch, dessen Südflügel Stein für Stein wieder aufgebaut wird. Der Wein verführt sofort mit einer tief rubinroten Farbe und einer eleganten Nase mit feinen Noten von roten Früchten und Gewürzen. Am Gaumen offenbart der offene Auftakt einen runden und rassigen Wein mit köstlichen Aromen von Früchten und Vanille auf gut geschmolzenen, üppigen und samtigen Tanninen. Eine Besonderheit ist der Weißwein,
Le Cygne. Er wird unter der Bezeichnung Bordeaux verkauft, da es keinen weißen Médoc gibt (Médoc ist per Definition ein Rotwein!). Dennoch steht der Weiße in Qualität und Geschmack den roten Weinen des Weinguts ebenbürtig gegenüber.
Im Rahmen einer Führung erfährt man nicht nur viele Details über die Geschichte der Familie de Mauvezin, sondern auch über die diversen Lagen, welche – teils auch unter anderen Marken – zum Weinbaubetrieb zählen. Zudem kann man die herrlichen Weine natürlich auch verkosten – und bei Bedarf gleich ein paar Flaschen mitnehmen.
Domaine Les Sadons
Klein, aber sehr fein – so lässt sich mit wenigen Worten das Angebot dieser Domäne in Pauillac zusammenfassen. Sie blickt auf eine fast 100-jährige Geschichte zurück. In den 1930er Jahren wurden baskische Landwirte und ihre Familien von den Châteaux du Médoc angeworben, um auf den Gütern zu arbeiten. Auch Alain Albisturs Großvater väterlicherseits kam so nach Saint-Seurin de Cadourne. Einige Jahre später arbeitete Pierre Albistur auf Château Latour, dem ersten Grand Cru Classé von Pauillac, und blieb dort bis zu seinem Lebensende. Sein Sohn Joseph, Alains Vater, machte folglich seine ersten Schritte als Winzer auf den berühmten Weingütern in Pauillac machte. Danach arbeitete er über dreißig Jahre lang als Kellerarbeiter für die Rothschild-Gruppe. Die heutigen Ländereien der Domaines des Sadons waren der Nährboden der Familie. 1999 konnte Alain sein Vorhaben in Angriff nehmen, die landwirtschaftlichen Flächen in Weinberge umzuwandeln. Dieser wichtige Schritt markierte den Beginn der Domaine les Sadons. In den Jahren 2000 und 2001 wurden die ersten Rebstöcke gepflanzt. Es folgten der Kauf und die Renovierung des Weinkellers sowie der Bau von Betontanks. 2002 kelterten Alain, Bernadette und ihre beiden Söhne Adrien und Valentin ihren ersten Jahrgang. 2006 erschienen die ersten Etiketten der „Domaine Les Sadons“ auf den Flaschen. Heute umfasst das Weingut 87 Ar Weinberge und produziert jedes Jahr einen einzigartigen Rotwein, der aus einer Mischung der drei Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Petit Verdot entsteht. Diese sollte man im Rahmen einer Besichtigung unbedingt probieren, denn die Domaine zeigt, dass großartige Weine gerade auch aus kleinen Familienbetrieben hervorgehen.