Weingüter in St. Emilion

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Michael Althoff

Autor: Der Mann hinter dem Bericht

Weingüter in St. Emilion

St. Emilion als Ort und die Region gelten als schönstes Weinanbaugebiet des Bordeaux. Mit mehr als 5.500 Hektar ist St. Emilion das größte Einzel-Anbaugebiet in ganz Bordeaux. Mehr als 800 Produzenten existieren in St. Emilion, deren Klassifikation lediglich zwischen Premier Cru Classe A, Premier Cru Classe B und Grand Cru Classe unterscheidet. Durch die Lage weitab vom Meer und der Gironde und die kühlen Böden ist St. Emilion meist die letzte Appellation, welche die Lese durchführt. Dadurch ist sie jedoch anfälliger für Wetterkabriolen im Oktober. Die Hauptrebsorten sind Merlot und Cabernet Franc, wobei manche Weingüter wie Chateau Figeac und Chateau Canon la Gaffeliere, aber auch erhebliche Anteile Cabernet Sauvignon, in ihren Cuvées verwenden.

 

Man kann an sich bei Wein aus St. Emilion nichts falsch machen. Wir haben uns zwei kleine, in Familienbesitz befindliche Weingüter leicht außerhalb des Orts angesehen.

 

 

Château Champion

 

Das Château Champion befindet sich im Besitz der Familie Bourrigaud. Die Familien-Geschichte reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Pascal, der die 8. Generation repräsentiert, hat 1994 die Nachfolge seines Vaters Jean angetreten. Er betreibt derzeit die Güter Château Champion und Château Vieux Grand Faurie, die auf eine lange Tradition zurückgehen. Diese beiden Güter tragen den Namen ihres Ortes und sind auf der Karte von Pierre de Belleyme, einem Ingenieur-Geographen, der vom Intendanten Jean-Etienne de Clugny ernannt wurde, verzeichnet. Seine Entstehung geht auf das Jahr 1785 zurück und wurde 1831 in das napoleonische Kataster aufgenommen. 1999 erwarb Pascal Bourrigaud ein neues Anwesen, das Château Haute-Terrasse, das in der Appellation Castillon-Côtes de Bordeaux liegt, einer AOC, die an Saint-Émilion angrenzt. Château Champion erstreckt sich über 6,8 Hektar Lehm- und Kalksteinflächen in der AOC Saint-Emilion Grand Cru, während Château Vieux Grand Faurie (AOC Grand Cru) 5 Hektar auf alten und kiesigen Sanden mit Eisenschmutz aufweist. Der Weinberg Château Haute-Terrasse befindet sich in der AOC Castillon-Côtes-de-Bordeaux auf 6 Hektar Lehm-Kalk-Hängen. Château Champion ist mit 75% Merlot, 13% Cabernet Franc und 12% Cabernet Sauvignon bepflanzt. Die Weine aus diesem Terroir haben eine schmeichelhafte Nase mit Noten von schwarzen Früchten und Gewürzen. Mit einem Rebsortenbestand von 75% Merlot, 15% Cabernet Franc und 10% Cabernet Sauvignon bringt Vieux Grand Faurie weiche und seidige Weine mit Noten von reifen roten Früchten, Sauerkirschen und Kaffee hervor.  Auf ton- und kalkhaltigen Hängen, mit einer Rebsortenzusammensetzung von 58% Merlot, 12% Cabernet Franc und 30% Cabernet Sauvignon, produziert Château Haute Terrasse elegante rubinrote Weine mit Aromen von kleinen roten Früchten.

 

Uns haben vor allem die wunderbaren Château Champions begeistert, die zudem – gerade für die Region Bordeaux und St. Emilion – zu einem außerordentlich fairen Preis angeboten werden.

Château Laniote

 

Das Château Laniote befindet sich seit fast zwei Jahrhunderten im Besitz der Familie von Arnaud de la Filolie. Das Anwesen wurde 1816 von einem Weinhändler aus Saint-Emilion namens Pierre Lacoste gegründet, der einen Keller und einige benachbarte Weinberge erwarb und das Weingut bis 1844 schrittweise vergrößerte. Der Besitz wurde dann in direkter Linie von der Mutter auf die Tochter über acht Generationen hinweg weitergegeben. Der Name des Eigentümers änderte sich also mit jedem Erbe: Lacoste, Rouja, Freymond, Schneider, La Filolie. Im Herzen von Saint-Emilion befindet sich die Kapelle aus dem 13. Jahrhundert, die das Etikett von Château Laniote ziert und noch heute im Besitz der Nachkommen der Familie ist: die Eremitage, in der Saint-Emilion lebte. Die Eigentümerfamilie kann daher durchaus von sich behaupten, die Hüter der Wiege von Saint-Emilion zu sein.

 

Angeboten wird ein fantastischer Grand Cru Classé aus unterschiedlichen Jahrgängen. Er unterstreicht eindrucksvoll das Credo der Eigentümer: Klasse statt Masse! Das zeigt sich auch im Ausbau der Weinberge, hier wird nicht auf Menge, sondern auf Qualität und Nachhaltigkeit optimiert. Daher haben die verschiedenen Jahrgänge auch teils deutlich unterschiedlichen Charakter aufgrund unterschiedlicher Witterung – hier ist eben nicht jeder Jahrgang wie der andere.

 

Wer einen Einblick in das Berufs-Ethos der Familie de la Filolie erhalten möchte, sollte unbedingt an einer Führung teilnehmen. Sie wird meist vom Hausherrn persönlich, Arnaud, durchgeführt. Er tritt in seiner Freizeit auch als Zauberer und Animateur, beispielsweise in Krankenhäusern, auf – wer also eine rein auf Wein und den Weinbau ausgerichtete, „trockene“ Führung erwartet, wird sich wundern: die Besichtigung mit Arnaud ist kurzweilig, unterhaltsam – und dennoch sehr informativ, beispielsweise anhand des kleinen Videos, das man zu Beginn der Führung sieht und einen Einblick in die Herangehensweise beim Weinan- und -ausbau der Familie gibt. Und natürlich kann man nach der Führung auch direkt ein paar Flaschen mit nach Hause nehmen – von welchem Jahrgang, bleibt im wahrsten Sinne Geschmackssache.